Lauritz auf Okinawa

Nachdem ich die letzten 4 Monate mit Sarah gemeinsam in mehreren Ländern Asiens unterwegs war, bin ich jetzt also 3 Wochen alleine unterwegs von Thailand nach Okinawa.

Der Hinflug verlief tadellos. Naja gut, es war auch ein Direktflug…

Nachdem die ersten Verwirrungen am Flughafen geklärt waren, bin ich mit der Monorail (eine Bahn die in der Umgebung um Naha beeindruckend über den Dächern entlangfährt) zu DER Einkauf- und Touristenstraße Okinawas gefahren: Kokusai Dori.

Hier lag nämlich auch mein Hostel, in dem ich bis auf eine Ausnahme jede Nacht verbringen würde, da es so ziemlich das billigste auf der ganzen Insel war. Trotzdem hat es noch 10€ die Nacht gekostet. Japan bzw. Okinawa ist preislich halt doch nochmal eine ganz andere Ecke. Auch meine Ernährung bestand zu 90% aus Lebensmitteln aus dem Supermarkt. Neben Reisbällen, gab es oft Bananen und Erdnüsse. Abends gab es dann oft eine richtige Mahlzeit aus dem Supermarkt, da es ab 20:00 Uhr 30% Rabatt auf alles Frische gab. Sollten sich deutsche Supermärkte mal abschauen. Gut genug für mein geringes Budget. Man kann halt nicht alles haben.

Mein Hauptgrund die Präfektur Japans besuchen zu gehen war das Karatetraining. Okinawa ist nämlich der ,,Geburtsort“ des heutigen Karate (übersetzt: ,,Der Weg der leeren Hand“). Natürlich hat sich das nicht einfach jemand mal aus den Fingern geschüttelt und Karate genannt. Es war viel mehr ein Zusammenspiel aus vielen Einflüssen (die frühen chinesischen Kampfkünste haben die Entstehung des Karate stark geprägt) und Jahrzehnte bzw. Jahrhunderte langem Training, Entwicklungen und Variationen. Auch heute sind die Kampfkünste immer noch ein großer Teil der okinawanischen Kultur.

Jedenfalls fiel der Besuch im Karate Dojo zuerst einmal flach. Ich war nämlich die ersten zwei Tage ein bisschen angeschlagen. Naja, somit konnte ich wenigstens meinen Aufenthalt in Okinawa mal anfangen zu planen. Denn das Training ist bei weitem nicht das einzige Highlight, dass diese Insel zu bieten hat, wenn auch das größte. Außerdem habe ich auch den „Fukushen Garden“ besucht, ein traditioneller chinesischer Garten in Naha und war in dem ,,Okinawa Prefectural Museum“, in dem man viel über die Geschichte, Kultur und Natur Okinawas erfahren konnte.

Nach den Planungstagen ging es dann zu Mr. Miyagi ins Dojo (der Trainingsort bzw. Raum in den Karate praktiziert wird). Ich hatte vorher nie Kontakt mit ihm. Von meinem Sensei bekam ich ein Foto und die Adresse von dem mittlerweile 83 jährigem Meister. Er hat mich sofort in seine Räumlichkeiten gebeten und es war auch gar kein Problem, am gleichen Abend schon mit dem Training anzufangen. Ich hatte montags, mittwochs und freitags Abend Training von 19:30-21:00 Uhr. Ich musste aber schon immer um 17:30 loslaufen, weil der Bus auf Dauer auch zu teuer war und ich 1,5h hin- und zurücklaufen musste.

Miyagi Sensei hat mir auch einen Anzug und Gürtel zum Trainieren gegeben, da ich natürlich auf der langen Reise nicht meinen eigenen Anzug dabei hatte.

Die ersten Worte die ich zu hören bekam, als ich am Abend ins Training kam, waren: ,, Du bist aber groß.“ und ,,Du bist aber jung.“ Ja ich war mit Abstand der größte und ja ich war auch mit Abstand der Jüngste. Der nächste in den Altersstufen war Kazumi Fujii und er war schon über 40. Und es ging noch weiter nach oben. Der älteste der Trainierenden war 75 und bewegte sich trotzdem noch als wäre er 20. Egal ob springen, bücken, dehnen, schlagen oder treten, alles kein Problem.

Genauso gut hätten die ersten Worte zu mir aber auch sein können: ,,Du bist aber unerfahren.“ Nicht nur das ein anderer Karatestil (Shorin-ryu) unterrichte wurde, jeder hier (bis auf zwei Ausnahmen) trainierte auch schon mindestens ein Jahrzehnt lang.

Ein paar von ihnen waren auch schon über 40 Jahre bei Miyagi Sensei.

Natürlich kam auch noch dazu, dass zwei Waffenarten (Sai Gabel und Nunchaku) hier trainiert wurden, die ich vorher noch nie in den Händen hatte. Ich trainiere jetzt zwar schon seit über vier Jahren Karate, aber hier habe ich mich wieder wie in meiner ersten Stunde gefühlt.

Trotzdem haben sich alle mir gegenüber total entgegenkommend verhalten und niemand hat sich über den Neuling aus Deutschland aufgeregt. Im Gegenteil, ich wurde sogar direkt nach dem ersten Training auf ein Abendessen eingeladen. Ok ich muss zugeben sie haben zuerst ein bisschen komisch geguckt, als ich ihnen gesagt habe, dass ich kein Fisch und kein Fleisch esse, aber einfach weil es auf Okinawa fast niemand gab, der sich vegetarisch ernährte.

Das Training an sich lief kurz zusammengefasst folgendermaßen ab:

-zuerst hat sich jeder der ein bisschen früher kam selbstständig aufgewärmt

-dann wurde mit allen zusammen Kata gelaufen von einfach zu schwer (um es vereinfacht zu sagen)

-dann gab es Einzeltraining (jeder hat für sich trainiert oder mit einem höher Graduiertem zusammen

– am Ende wurde zusammen die Waffenkata gelaufen (meist zuerst Sai, dann Bo, dann Nunchaku)

Die sechs Mal in denen ich Miyagi und sein Dojo besucht habe gingen natürlich rasend schnell vorbei. Ich bin natürlich Lichtjahre davon entfernt irgendeine Form wirklich verstanden, geschweige denn gemeistert zu haben. Ich habe in den zwei Wochen mehr neue Kata kennengelernt, als in meinen vorigen vier Jahren. Trotzdem habe ich die Zeit sehr genossen und würde es jedem empfehlen.

Nach dem letzten Training sind wir alle zusammen in ein ,,Sake House“ gegangen und haben zusammen viel getrunken und gegessen. Ich wurde nicht nur zu einem fantastischen Essen eingeladen, sondern Miyagi Sensei hat mir sogar den Karateanzug samt Gürtel und einer selbstgeschriebenen Kalligraphie geschenkt. Außerdem wurde ich noch mit einem T-shirt, drei Handtüchern, Zeitschriften und weiterem Dingen von anderen Karateka ausgestattet. Ich habe hier eine sehr außergewöhnliche Zeit verbracht und viele neue nette Leute kennengelernt.

Wie gesagt war das Training ,,nur“ drei Mal die Woche und ich habe natürlich noch andere Sachen in Okinawa besucht. Neben dem Shurijo Castle (ein ehemaliges Herrscherhaus, in dem früher die sogenannten ,,Sho“ residierten), habe ich auch eine dreitägige Busreise gemacht in denen ich viel von der Insel gesehen habe.

Ich habe ein privates Karatemuseum besucht, eine alte Burgruine (nakagusuku castle) besichtigt, eine Karatehalle inkl. Museum ,in der internationale Karatewettbewerbe stattfinden, besichtigt und und und.

Was noch sehr stark zu empfehlen ist, ist ein Besuch des Peace Memorial im Süden Okinawas. In Okinawa wurde nämlich die größte Schlacht des zweiten Weltkrieges ausgetragen, mit mehr Todesopfern als durch die Atombomben Hiroshima und Nagasaki zusammen. Ungefähr 200000 Japaner, Amerikaner und vor allem auch sehr viel okinawanische Zivilisten mussten hier ihr Leben lassen. Nicht unbedingt eines der ,,schönen“ Highlights von Okinawa, aber die riesige Anlage samt Museum ist definitiv ein Muss für jeden der Okinawa einmal besucht.

Außerdem war ich in der Nähe der Kerama Inseln tauchen und auf den selbigen danach zwei Tage am Strand zelten. Das Tauchen war traumhaft. Man hatte zwischen 40m und 50m Sicht unter Wasser und hat von Schildkröten über Unterwasserschlangen bis hinzu Hummern alles gesehen.
Das Zelten direkt am Strand war insgesamt auch sehr schön, auch wenn ich ein
paar kleine Zwischenfälle mit Raben und Katzen hatten, die mir nicht nur mein Essen aus meinem Zelt geklaut haben.

Ich hatte insgesamt, auch wenn mir durch mein geringes Budget manchmal die Hände gebunden waren, eine echt tolle Zeit auf Okinawa und würde es auf jeden Fall wieder tun.

Lauritz